 
Am 30. September 2005 veröffentlichte die dänische Zeitung Jyllands-Posten 12 Karikaturen, auf denen der Prophet Mohammed abgebildet war. Daraufhin entfachten Mohammedaner einen Proteststurm und zwei der Karikaturisten tauchten unter, nachdem sie Todesdrohungen erhalten hatten. Islamische Organisationen verlangten eine Entschuldigung der dänischen Regierung, und der Vorfall weitete sich zu einer weltweiten diplomatischen Angelegenheit aus. Die OIC
(Organisation of the Islamic Conference), der Europarat und die UNO kritisierten Dänemark, weil es gegen die Jyllands-Posten keine Maßnahmen eingeleitet hat. Der dänische Premierminister Anders Fogh Rasmussen verteidigte die Presse- und Redefreiheit und sagte, dass Maßnahmen nicht von der Regierung, sondern vom Gesetzeshof einzuleiten sind, falls erforderlich. Unterdessen werden in islamischen Ländern Dänemark-Fahnen verbrannt und Produkte aus den Regalen genommen. Zahlreiche Länder haben ihre Botschafter aus Dänemark abgezogen und bewaffnete Männer haben das EU-Büro im Gazastreifen angegriffen.
Dänemark braucht unsere Unterstützung.
Dänemarks linke Partei "Einheitsliste" beschloss am 3. Dezember eine nach wie vor aktuelle Stellungnahme zu den Ereignissen:
Meinungsfreiheit gilt für alle
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Die Mohammed-Karikaturen der /Jyllandsposten/ haben eine Diskussion
innerhalb und außerhalb der Enhedslisten ausgelöst. Die Enhedslisten
erkennt das Recht der /Jyllandsposten/, diese Zeichnungen im Namen der
Meinungsfreiheit zu bringen, voll an, wie wir auch das Rechts jeden
Moslems anerkennen, dagegen mit friedlichen Mitteln wie Leserbriefen,
Demonstrationen und Gerichten zu protestieren. So ist die Demokratie!
/Jyllandsposten/ beruft sich darauf, die Meinungsfreiheit zu
verteidigen, indem sie diese Zeichnungen druckt. Doch ist es beschämend,
dass gerade /Jyllandsposten/ nicht dieselbe Sorge um die
Meinungsfreiheit hat, wenn es um die Monopolisierung von Medien durch
Murdoch oder Berlusconi geht. Diese Tatsache weckt berechtigte Zweifel,
wieweit die Motive der /Jyllandsposten/ mit den Zeichnungen in Wahrheit
eine Provokation um der Provokation willen oder ein bewusster Schritt
zur Unterstützung der antimoslemischen Rechten waren? Die Existenz von
Bedrohungen der Meinungsfreiheit durch politische Islamisten ist uns
bekannt, und wir sind uns deren Ernstes bewusst. Die Enhedslisten
betrachtet politische Islamisten wie jede andere Rechtsströmung, zu der
mehr oder weniger extreme Gruppierungen gehören, und wir bekämpfen sie
zu jeder Zeit.
Deshalb unterstützen wir den Kampf progressiver oder säkularer
ethnischer Minderheiten gegen die politischen Islamisten, und wir
wünschen einen wirklichen Dialog zwischen den religiösen und den
säkularen Mitgliedern unserer Gesellschaft, der in scharfem Widerspruch
zu der übertriebenen Verallgemeinerung und Hetze gegen Moslems steht,
für die die Rechte einschließlich /Jyllandsposten/ steht.
Die Enhedslisten meint, dass man politische Islamisten am besten durch
Integration und Dialog mit moslemischen Gruppen bekämpft, und durch
Distanzierung von fanatischen Standpunkten wie Hizb ut-Tahrir. Eine
ordentliche Integration gestützt auf menschlichen Respekt, Arbeit für
alle und internationale Solidarität unter Anderem mit dem
palästinensischen Volk wir den extremen politischen Islamisten einen
wesentlichen Teil ihrer Rekrutierungsgrundlage entziehen.
Deshalb distanziert sich die Enhedslisten auch scharf von der asozialen
und diskriminierenden Ausländerpolitik der Dänischen Volkspartei und der
Regierung und nicht zuletzt von /Jyllandspostens/ konsequenter
Unterstützung dieser Politik. Wenn /Jyllandsposten/ wirklich eine
Auseinandersetzung mit dem extremen politischen Islamismus im Interesse
der Meinungsfreiheit weil, dann verlangt das einen Bruch mit dieser
redaktionellen Linie.
Als Organisation der Linken ist Enhedslisten eine starke Verteidigerin
der Meinungsfreiheit. Wir bekämpfen Medienmonopolisierung und durch
Terrorgesetze begründete Beschränkungen der Meinungsfreiheit; ebenso
bekämpfen wir religiös und/oder politisch motivierte Gewalt oder
Drohungen, die zu Selbstzensur und Furcht führen können.
Unser vorderstes Ziel ist, durch den Sozialismus die einzelnen
Individuen von diversen unterdrückenden Strukturen wie Kapitalismus,
Krieg, Rassismus und auch Religion zu befreien. Das bedeutet jedoch
keinesfalls, dass wir die Religionsausübung verhindern wollen. Im
Gegenteil unterstützen wir die Religionsfreiheit und das Recht, seine
Religion auszuüben, ohne verhöhnt oder missachtet zu werden, wie dies im
Rassismusparagrafen festgeschrieben ist, den die Enhedslisten erhalten
will. Die Grenze der Meinungsfreiheit verläuft dort, wo die Verhöhnung
oder Missachtung bestimmter Personen und/oder Personengruppen beginnt.
Wenn wir die Religionsfreiheit unterstützen, so gilt dies auch für die
Freiheit von Religion. Deshalb muss die Religion eine Frage für den
Einzelnen um sein individuelles Verhältnis zu seinem Gott und keine
Gesellschaftsinstitution von einer bestimmten Religion aus sein.
Säkularisierung ist die Trennung von Religion und Politik! Deshalb
unterstützen wir auch die Aufhebung des Gotteslästerungsparagrafen,
damit man religiöse Personen und Schriften frei diskutieren, kritisieren
und veräppeln kann, ohne dass der Staat das verbietet, auch unabhängig
davon, dass dies auf einige provozierend wirken kann, wie das bei den
Mohammed-Zeichnungen der /Jyllandsposten/ der Fall war.
Die Enhedslisten ist dagegen, Religionen und im Besonderen religiösen
Führern Sonderrechte zu geben, die Menschen mit anderen
Lebensanschauungen in der Gesellschaft nicht haben. Die Enhedslisten hat
nur Verachtung übrig für die Einmischung reaktionärer ausländischer
Regierungen in die Diskussion. Keine der Regierungen, die gegen die
Zeichnungen der Jyllandsposten protestierte, ist besonders bekannt für
die Unterstützung der Meinungsfreiheit oder den Schutz ihrer ethnischen
und religiösen Minderheiten, aber bekannt und gefürchtet für das
Gegenteil.
Für die Enhedslisten sind der Kampf gegen Diskriminierung und die
Verteidigung der Meinungsfreiheit zwei Seiten derselben Sache. Deshalb
verurteilt die Enhedslisten auch aufs Schärfste die Morddrohungen einer
reaktionären islamischen Jugendbewegung gegen die Zeichner.
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Beschlossen vom Hauptvorstand der Enhedslisten am 3. Dezember
geposted von mz
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